Schmerzensgeld - Urteil - Schleudertrauma

Das Landgericht Aachen (Urteil vom 22.03.2017 – 8 O 175/14) sprach einer Geschädigten ein Schmerzensgeld in Höhe von 4.500 EUR zu – für ein Schleudertrauma.

Bemerkenswert sind hier zwei Aspekte:

Auf die Schmerzensgeldhöhe komme ich gleich noch zu sprechen. Zunächst ist hervorzuheben, dass das Urteil des Landgerichts Aachen – trotz der strengen Anforderungen des Vollbeweises gemäß § 286 ZPO – lediglich auf der Schilderung von Beschwerden durch die Klägerin selbst und einer in den Röntgenaufnahmen dokumentierten Steilstellung der Halswirbelsäule sowie einer bei der körperlichen Untersuchung festgestellten Rotationseinschränkung beruht. Gerade das Vorliegen eines Schleudertraumas ist für Geschädigte nur schwer nachzuweisen, sodass das Landgericht Aachen hier richtigerweise auf eine Nachvollziehbarkeit des klägerischen Vortrags, der – wenn man so will – bereits im Behandlungszimmer des Arztes seinen Anfang nahm, zurückgriff. Lässt sich der geschilderte Lebenssachverhalt mit den objektiv feststellbaren Tatsachen, wie der kollisionsbedingten Geschwindigkeitsänderung, in Einklang bringen, darf – nicht muss – ein Gericht von der Richtigkeit der Schilderung ausgehen. Eine Anmerkung auch hierzu sei erlaubt:

Wie wir gesehen haben, hinterfragt das Landgericht Aachen die Richtigkeit der Schilderung unter anderem mit einem Kfz-Sachverständigengutachten. Soweit so gut. Es fällt aber auf, dass oft die vorkollisionäre Bremsung vergessen wird. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass schon eine sogenannte „Gefahrenbremsung“ – ohne jede Berührung eines anderen Verkehrsteilnehmers – ein Schleudertrauma ersten Grades auslösen kann. Folgerichtig kann ein Schmerzensgeld also schon dann mit Erfolg geltend gemacht werden, wenn ein Sachverhalt dargelegt wird, indem es zu einer plötzlichen und starken Bremsung kam – beispielweise nach einer Vorfahrtsverletzung. Nimmt der Fall – zwar ohne eine Kollision – im Übrigen dann aber den gleichen Verlauf, wie hier dargestellt, spricht nichts gegen ein Schmerzensgeld, dessen Höhe ich nun besprechen möchte:

Im Rahmen der Bemessung des der Klägerin zustehenden Schmerzensgeldes hat das Landgericht Aachen neben der erlittenen Verletzung berücksichtigt, dass der Klägerin eine Schanz‘sche Krawatte verordnet worden ist, die von ihr ausweislich eines ärztlichen Attestes eines Facharztes für Orthopädie im Zeitraum vom 06.06.2013 bis 02.09.2013 getragen werden musste. Im gleichen Zeitraum war sie, übrigens, krankgeschrieben. Darüber hinaus musste bei der Höhe des Schmerzensgeldes Berücksichtigung finden, dass die Klägerin auf Schmerzmittel angewiesen war und sich einer über zahlreiche Termine erstreckende physiotherapeutischen Behandlung unterziehen musste. Gleichfalls fiel ins Gewicht, dass die Klägerin über einen Zeitraum von 2 Monaten auch – so der Sachverständige – bei der Durchführung körperlicher Tätigkeiten eingeschränkt gewesen ist. Auch hier geht das Landgericht Aachen in die richtige Richtung und spricht der Geschädigten ein Schmerzensgeldbetrag zu, der sich auf 50 EUR pro Arbeitsunfähigkeitstag umrechnen lässt – für ein Schleudertrauma.

Wenn Sie Fragen dazu haben, wenden Sie sich gerne an unseren Verkehrsrechtler, Herrn RA Volker Weingran.

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